1. Was sind die Hauptprobleme bei der Zusammenarbeit in AEC-Projekten?
Mögen sie auch noch so klein sein – AEC-Projekte stellen große Herausforderungen an die Zusammenarbeit dar. Erfolgreich abgeschlossene Bauprojekte sind das Ergebnis der Kooperation verschiedener Teams von Baufachleuten – Architektinnen, Bauingenieure unterschiedlicher Fachrichtungen sowie einem Netzwerk von Bauunternehmen und Subunternehmern.
Diese Teams haben in den meisten Fällen abweichende Prioritäten bezüglich ihres jeweiligen Faches und gehören eigenständigen Unternehmen mit gegensätzlichen Interessen an. Aus den oben genannten Gründen ergeben sich bei den meisten AEC-Projekten folgende Probleme bei der Kooperation:
- Fehlende Koordination der Arbeitsabläufe → Die Beteiligten stimmen im Grunde ihre Arbeit nicht ab. Sie tauschen nur Unterlagen und Informationen über den Arbeitsfortschritt aus, um Gestaltungsideen zu zeigen.
- Informationsverlust bei der Datenumwandlung → Native Daten müssen konvertiert werden, damit sie zur Koordination in der Systemumgebung bzw. den Programmen der anderen Beteiligten geöffnet werden können.
- Probleme beim Interpretieren von Daten der anderen Parteien → Daten werden nur dann zu echten Informationen, wenn Abläufe für deren Auslegung vereinbart wurden.
- Begrenzte Nutzung von Gebäudedaten, die von Dritten erstellt wurden → Planungsinformationen einer Partei können nicht in die Umgebung der anderen Gewerke integriert werden.
- Fehlende Nachverfolgung von Änderungen unter den am Bau Beteiligten → Koordination ist kein einmaliger Datenaustausch, sondern ein kontinuierlicher bidirektionaler Prozess.
- Fehlen einer Gesamtkoordination für mehrere Disziplinen → Koordination schließt idealerweise alle damit zusammenhängenden Aktivitäten wie Kollisionserkennung, Mengen- und Massenermittlung sowie Sachverhalte hinsichtlich der „Baubarkeit“ ein.
- Fehlen eines detaillierten Konstruktionsmodells → Eine späte Koordination sowie der Zeitaufwand für das Erstellen von 2D-Zeichnungen führt zwangsweise dazu, dass der Bau auf Grundlage von Skizzen oder veralteten Plänen erstellt wird.
2. Welche unterschiedlichen Ansätze gibt es, um die Problematiken bei der Zusammenarbeit anzugehen?
Das Festhalten an der Koordination auf technischer Ebene zwischen den unterschiedlichen Gewerken hat einen langen Entwicklungsprozess durchgemacht. Herkömmlicherweise legten die einzelnen Gewerke oder Disziplinen in den unterschiedlichen Stadien der Planung komplett ausgedruckte Unterlagen vor und benutzten Leuchttische, um die verschiedenen Gebäudestrukturen und Bausysteme zu prüfen und zu koordinieren.
Dieser Ansatz ist auch heute noch beliebt, wobei die digitale Entsprechung der früheren Papierpläne – die DWG- und PDF-basierten Werkzeuge für die Zusammenarbeit – immer noch in 2D vorliegen. Mit dem Aufkommen der modellbasierten Planung (der Gebäudedatenmodellierung oder BIM, Building Information Modeling), begann für die gemeinsame Planung dank der viel reichhaltigeren Daten aus der Gebäudedatenmodellierung ein neues Zeitalter. Mit den BIM-Modellen stieg die Nachfrage nach einer echten modellbasierten Zusammenarbeit. Zwei grundlegend unterschiedliche Ansätze kristallisierten sich heraus: Der eine, bekannt als „Plattform-Ansatz“, setzt auf eine Kooperation mithilfe unterschiedlicher Teilbereiche derselben Softwarelösung. Der andere, so genannte „offene“ Ansatz erlaubt die Nutzung unterschiedlicher Softwarelösungen als Grundlage der modellbasierten Kooperation.
3. Was sind die Merkmale des „traditionellen“ Ansatzes?
Der traditionelle Ansatz zur interdisziplinären Zusammenarbeit besteht im Grunde aus jeder Art der 2D-Zusammenarbeit, einschließlich des Austausches auf Papier, DWG bzw. PDF oder in einer anderen zweidimensionalen Form. Dieser Ansatz lässt sich wie folgt charakterisieren:
- Begrenzte Abstimmung des Arbeitsablaufs → Der gesamte Arbeitsablauf setzt zu sehr auf manuelle Arbeit und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit zwischen den Parteien.
- Umfangreiche, schwierige Datenumwandlung → Der gesamte Ablauf basiert auf „dummen“ Zwischenformaten, sodass bei der Datenumwandlung wichtige Informationen verloren gehen.
- Keine Nutzung der Daten von anderen Parteien → Aufgrund unterschiedlicher Dokumentationskonventionen können die empfangenen 2D-Daten praktisch nicht weiterverwendet werden.
- Keine umfassende Koordination → Da der Arbeitsablauf in 2D erfolgt, kann das Projekt nicht in einer integrierten Umgebung koordiniert werden.
4. Was sind die Merkmale des „Plattform“-Ansatzes?
Einer der führenden Ansätze der modellbasierten Zusammenarbeit (BIM) ist der Plattform-Ansatz, bei dem die verschiedenen Module derselben Produktfamilie benutzt werden, um Binärkompatibilität zu gewährleisten. Diese Kompatibilität auf Datenebene für sich allein kann jedoch schwerwiegende Lücken im Koordinationsablauf hinterlassen:
- Keine Datenumwandlung → Dieser Ansatz beinhaltet das Versprechen, dass durch den vollständigen Wegfall der Datenumwandlung alle Koordinationsprobleme gelöst sind. Leider haben die einzelnen Disziplinen unabhängig von den Datenformaten wirklich unterschiedliche Herangehensweisen an die verschiedenen Gebäudestrukturen. Das muss bereits auf der Prozessebene der Koordination in Angriff genommen werden.
- Begrenzte Verwendung der Daten Dritter → Auch wenn sich der Plattform-Ansatz auf ein gemeinsam genutztes BIM-Modell beruft, gestatten die unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Disziplinen einen solchen integrierten Ansatz nicht. In diesem Sinne bietet eine Plattformlösung im Vergleich zu anderen Lösungen keinen wirklichen Vorteil.
- Kompatibilitätsprobleme → Damit der Plattform-Ansatz vollumfänglich nutzbar ist, bedarf es einer strikten Abstimmung oder Synchronisierung – denn die Projektbeteiligten müssen nicht nur auf derselben Plattform arbeiten, sondern auch mit derselben Softwareversion. Dies kann leicht zu Problemen führen, wenn einer der Beteiligten einem anderen Unternehmen mit eigenständigen Projekten und IT-Updatezyklen angehört.
5. Was sind die Merkmale des „offenen“ Ansatzes?
Der andere führende Ansatz der modellbasierten Zusammenarbeit fördert offene Kooperationsabläufe, bei denen komplexe Firmen- und Projektstrukturen in vollem Umfang berücksichtigt werden. Dieser Ansatz hebt das Thema von der Datenebene auf die Prozess- oder Arbeitsablaufebene und macht Daten zu dem, was sie sind: ein Medium oder Instrument für hochwertige Informationen. Dieser Ansatz erlaubt es, die Projektbeteiligten aufgrund ihrer Fachkompetenz auszuwählen und nicht deshalb, weil sie eine bestimmte Software benutzen.
- Systemunabhängigkeit → Wie der Name besagt, überlassen offene Arbeitsabläufe den einzelnen Disziplinen die Wahl, die für ihre eigenen Zwecke am besten geeigneten Tools einzusetzen, ohne dabei auf die Vorteile der modellbasierten Zusammenarbeit verzichten zu müssen.
- Integrität und Eigentum der BIM-Projektdaten → Die verschiedenen Gewerke sind in der realen Welt verpflichtet, das Eigentum an ihren eigenen Planungsdaten zu halten und Verantwortung dafür zu übernehmen. Bei offenen Arbeitsprozessen für die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist dies in vollem Umfang gegeben, da parallele Datenstrukturen entwickelt und koordiniert werden.
- Transparente Arbeitsabläufe → Die offene Zusammenarbeit erfordert kompatible Arbeitsabläufe. Dies wird durch transparente Protokolle und Datenauswertungen erreicht, die eine offene Schnittstelle für jede anzubindende Softwarelösung bieten.
6. Wie lautet die offizielle Definition von Open BIM?
Open BIM ist ein universeller Ansatz zur Zusammenarbeit in Entwurf, Bauausführung und Bauwerkserhaltung auf Basis offener Standards und Abläufe. Open BIM ist eine Initiative von buildingSMART und mehreren führenden Softwareanbietern unter Verwendung des offenen buildingSMART-Datenmodells.
7. Was ist das Ziel der Open-BIM-Bewegung?
Das einzige Ziel der Open-BIM-Bewegung ist es, offene Kooperationsabläufe für besser koordinierte Projekte zu fördern. Dieses Ziel wird in erster Linie durch ein weltweit gemeinsames, öffentlich realisierbares Open-BIM-Branding erreicht, das durch klare Definitionen, spezifische Anforderungen und Best Practices zur Unterstützung der Umsetzung gefördert wird.
8. Wer steckt hinter der Open-BIM-Bewegung?
Die Open-BIM-Bewegung wurde von zwei Softwareanbietern ins Leben gerufen: Tekla und GRAPHISOFT. Sie wird von verschiedenen Organisationen wie buildingSMART unterstützt. Open BIM ist jedoch kein exklusiver Club, sondern eine umfassende Bewegung, die jedes Unternehmen der AEC-Branche willkommen heißt, das bereit ist, die übergeordneten Ziele zu unterstützen und die vereinbarten Anforderungen zu erfüllen.
9. Was hat Open BIM mir zu bieten?
Die Open-BIM-Bewegung bietet unterschiedliche Vorteile für die verschiedenen Organisationsarten (siehe unten). Das untenstehende Toolkit wird jedoch jedem, der der Bewegung beitritt, bereitgestellt:
- Klare Anforderungen, die zu erfüllen sind
- Umfassende Leitlinien, die zu befolgen sind
- Kostenlose Lizenz für das Open-BIM-Branding-Paket
- Freiwillige Registrierung für beitrittswillige Organisationen
10. Warum sollte mein Unternehmen Open BIM beitreten?
Unternehmen auf der ganzen Welt sahen sich mit den oben näher erläuterten Kooperationsproblemen konfrontiert. Verschiedene Kooperationsstrategien wurden angewandt, um diese Probleme zu bewältigen; in vielen Fällen gehörte auch ein offener Kooperationsansatz dazu. Gleichzeitig wurden offene Kooperationspraktiken in einer pluralen AEC-Umgebung eher als Notwendigkeit betrachtet und weniger als bewusst gewählte Strategie, die zu besser koordinierten Projekten beitragen sollte.
Die Open-BIM-Bewegung hebt die offene Kooperation auf eine strategische Ebene, auf der gleich gesinnte Baufachleute ihre eigene Pluralität aufbauen, um besser koordinierte Bauprojekte mit weniger Fehlern und in höherer Qualität zu realisieren.
Sollten Sie oder Ihr Unternehmen diese Werte teilen, erhalten Sie mit der Mitgliedschaft in der OPEN-BIM-Bewegung nicht nur die Leitlinien und am besten bewährten Verfahren (Best Practices), sondern auch gemeinsames Branding und internationale Sichtbarkeit, um Nutzen aus diesen Werten zu ziehen und den Wert Ihrer Projekte zu maximieren. OFFENE ZUSAMMENARBEIT → BESSERES BIM!
11. Welche Anforderungen gelten für die Mitgliedschaft bei Open BIM?
Das Open-BIM-Programm heißt nicht nur Softwareanbieter willkommen, sondern auch Unternehmen und Bauprojekte aus der AEC-Branche. Das „OPEN BIM™“-Logo ist eine Garantie dafür, dass eine Softwarelösung, ein Planungs- oder Ingenieurbüro oder ein Bauprojekt die Anforderungen offener Arbeitsprozesse voll und ganz erfüllt. Teilnehmer am Open-BIM-Programm verpflichten sich, die nachfolgenden Anforderungen entsprechend ihrer Positionierung in der AEC-Branche in vollem Umfang einzuhalten:
Softwareanbieter
- … müssen Software entwickeln, die anerkanntermaßen zu BIM-Lösungen für die AEC-Branche beiträgt
- … müssen den aktuellen IFC-Standard für Koordinationsansichten voll unterstützen
- … müssen sich verpflichten, Open-BIM-Workflowlösungen zu entwickeln
- … müssen öffentlich die Überlegenheit des Open-BIM-Ansatzes unterstützen
- … müssen das Open-BIM-Programm auf folgende Weise fördern:
- … müssen eine eigene Rubrik für Open BIM auf ihrer Unternehmenswebsite haben
- … müssen die offizielle Definition von Open BIM auf der Startseite dieser Rubrik veröffentlichen
- … müssen das offizielle Open-BIM-Logo auf jeder Seite dieser Rubrik auf der Website verwenden
- … müssen die FAQ des Open-BIM-Programms unverändert auf dieser Website veröffentlichen
- … müssen bei Präsentationen von Open BIM die in der Open-BIM-Präsentationsvorlage zur Verfügung gestellten Folien verwenden
- … müssen das offizielle Open-BIM-Logo für jede Kommunikation, in der es um Open BIM geht, verwenden
- … dürfen das Open-BIM-Logo für firmenbezogene Kommunikationsvorlagen verwenden, sofern …
- … die im Open-BIM-Branding-Paket spezifizierten Nutzungsrichtlinien befolgt werden
Unternehmen der AEC-Branche
- … müssen eine Softwarelösung eines der oben definierten Softwareanbieter verwenden
- … müssen den kompletten BIM-Workflow für eigene Projektergebnisse umsetzen
- … müssen sich verpflichten, den modellbasierten Koordinationsworkflow mit anderen Disziplinen umzusetzen, unabhängig von der BIM-Software der anderen Partei
- … müssen das Open-BIM-Konzept in der lokalen/globalen Community auf folgende Weise unterstützen:
- … müssen eine eigene Rubrik für Open BIM auf ihrer Unternehmenswebsite haben
- … müssen die offizielle Definition von Open BIM auf der Startseite dieser Rubrik veröffentlichen
- … müssen das offizielle Open-BIM-Logo auf jeder Seite dieser Rubrik auf der Website verwenden
- … müssen die FAQ des Open-BIM-Programms unverändert auf dieser Website veröffentlichen
- … dürfen das Open-BIM-Logo zur Förderung des Projekts und auf Unternehmensvorlagen verwenden, sofern …
- … die im Open-BIM-Branding-Paket spezifizierten Nutzungsrichtlinien befolgt werden
Bauprojekte in der AEC-Branche
- … müssen Chancengleichheit zur Beteiligung am Projekt unabhängig von der verwendeten BIM-Software gewährleisten
- … müssen vollwertige BIM-Workflows über den gesamten AEC-Prozessablauf geliefert bekommen
- … müssen über den gesamten AEC-Prozess mithilfe von Open-BIM-Arbeitsabläufen koordiniert sein
- … dürfen das Open-BIM-Logo zur Förderung des Projekts verwenden, sofern …
- … die im Open-BIM-Branding-Paket spezifizierten Nutzungsrichtlinien befolgt werden
- … die im Open-BIM-Branding-Paket spezifizierten Nutzungsrichtlinien befolgt werden
12. Was sind die Vorteile von Open BIM für Softwarehersteller?
Der Hauptvorteil, den Hersteller von Bausoftware durch eine Mitgliedschaft in der Open-BIM-Bewegung erhalten, liegt darin, dass sie ihren Kunden offene Abläufe zur Zusammenarbeit anbieten können, was wiederum Wettbewerbsvorteile für lokale AEC-Märkte bringt. Das Open-BIM-Branding garantiert, dass die von den teilnehmenden Herstellern entwickelten Lösungen die Open-BIM-Anforderungen erfüllen und den Architektur- und Ingenieurbüros, die ihre Software für die Zusammenarbeit mit anderen Büros auswählen, keine unnötigen Hürden auferlegen.
13. Was sind die Vorteile von Open BIM für Unternehmen in der Baubranche?
Im Gegensatz zum GESCHLOSSENEN (oder „proprietären“) BIM bietet die OFFENE Strategie große Vorteile für Bauprofis:
- Alle Projektbeteiligten können mit den modernsten Spitzenlösungen ihrer jeweiligen Fachrichtung arbeiten, ohne dabei den Ausschluss aus bestimmten BIM-Projekten zu riskieren.
- Die Projektbeteiligten behalten die volle Kontrolle über Software-Upgrades, unabhängig von den anderen Teilnehmern in den verschiedenen AEC-Projekten, an denen eine Beteiligung besteht.
- Die Integration von Arbeitsabläufen führt zu einer erheblich geringeren Fehlerquote im Vergleich zur Koordination verschiedener Softwaretools auf der Basis reiner Dateikompatibilität.
- Dank der offenen Standards ist die Verfügbarkeit der BIM-Daten für den gesamten Gebäudelebenszyklus gewährleistet, einschließlich Bau und Betrieb.
14. Was sind die Vorteile von Open BIM für AEC-Bauprojekte?
Bauprojekte selbst sind Produkte mit ihrem eigenen Markt. Mit geringer werdenden Unterschieden bei Baumaterialien und Technologien können neben dem eigenen Design des Gebäudes hinzugefügte Labels wie „Nachhaltigkeit“ den potentiellen Marktwert des Projekts beträchtlich erhöhen. Die Open-BIM-Bewegung bietet Projekten ein zusätzliches Label mit sehr positiven Assoziationen. Zukünftige Besitzer, Betreiber und Mieter solcher Gebäude haben bessere Chancen, das digitale Gebäudemodell weiter zu nutzen, wenn es ursprünglich mit dem offenen BIM-Ansatz erstellt worden ist. Dieses Versprechen ist mit den ständig länger werdenden Gebäudelebenszyklen immer mehr bares Geld wert.
15. Wo finde ich weitere Informationen zu Open BIM?
OPEN BIM wird von verschiedenen Unternehmen unterstützt, die entsprechende Informationen auf ihren eigenen Websites bereithalten. Wichtige Informationen finden Sie auch auf folgenden Seiten:
buildingSMART: | http://openbim.com |
Tekla: | http://tekla.com/openbim |
GRAPHISOFT: | http://graphisoft.com/openbim |